Partizipation in der Stadtentwicklung


Partizipation ist zu einem weit verbreiteten Konzept in der Rhetorik und Praxis der Raumentwicklung und zu einem akzeptierten Ansatz bei der Formulierung und Umsetzung von Raumplänen und -strategien, städtischen Politikmassnahmen oder Entwicklungsprojekten geworden. Trotz der weit verbreiteten Verwendung des Konzepts in Theorie und Praxis gibt es jedoch kein allgemeinsames Verständnis davon, was Partizipation eigentlich bedeutet und umfasst.

Dieses Dissertationsprojekt trägt zu einem differenzierteren Verständnis von Partizipation bei und beschäftigt sich mit zwei Hauptfragen: Wie lässt sich das Phänomen «Partizipation» konzeptualisieren, um der Vielfalt an unterschiedlichen Formen in der es auftaucht gerecht zu werden? Und wie wird Partizipation von Menschen in der Zivilbevölkerung wahrgenommen? Entsprechend besteht dieses Projekt aus zwei Teilen: einem konzeptionellen und einem empirischen Teil. Der empirische Teil der Forschung wird in Johannesburg, Südafrika, durchgeführt und folgt einem sequenziellen Multi-Methoden-Forschungsdesign, welches statistische Analysen von Umfragedaten (einschliesslich eines faktoriellen Umfrageexperiments) mit einer qualitativen Fallstudie (basierend auf Fokusgruppeninterviews) kombiniert.

Einleitung

In den letzten sechzig Jahren hat sich Partizipation zu einem Standardbegriff in verschiedenen Disziplinen wie der Stadtplanung, Politikwissenschaft und Entwicklungszusammenarbeit entwickelt und hat sich in vielen Teilen der Welt als eine etablierte Massnahme in der lokalen Regierungsführung behauptet. Obwohl Partizipation meist als eine klar abgrenzbare Praxis anerkannt wird, wird das Konzept selten explizit definiert; es bleibt abstrakt und schliesst somit eine Vielzahl von Definitionen und Erscheinungsformen mit ein. So steht Partizipation oft als Synonym zu Beteiligung, Co-Kreation, Kollaboration, Konsultation oder Deliberation; in der Raumentwicklung wird der Begriff folglich für fast jede Interaktion mit Einzelpersonen oder Gruppen verwendet.

Diese Dissertation soll zu einem differenzierteren Verständnis von Partizipation in Theorie und Praxis beitragen. Folglich setzt sich dieses Projekt auf zwei verschiedene Arten mit dem Konzept der Partizipation auseinander: (1) durch einen konzeptionellen Ansatz, der sich auf die Entwicklung eines neunen Rahmenkonzepts für Partizipation fokussiert; und (2) durch empirische Forschung, die sich mit den Präferenzen der Menschen für staatlich geleitete partizipative Prozesse auseinandersetzt. Der empirische Teil konzentriert sich auf Johannesburg, Südafrika. Die Beteiligung der Zivilbevölkerung in der lokalen Raumplanung und –entwicklung war ein zentrales Versprechen der ersten demokratischen Regierung Südafrikas. Trotz der staatlichen Bemühungen, die Zivilgesellschaft in lokale Prozesse miteinzubinden, haben die Partizipationsmassnahmen bis heute nicht das erreicht, was sie wollten. Dies bietet ein interessanter Kontext, um die Präferenzen der Zivilbevölkerung in Hinblick auf staatlich gelenkte partizipative Prozesse zu untersuchen.

Survey research on public participation in Johannesburg
Survey research on public participation in Johannesburg © Katrin Hofer & Social Surveys South Africa

Das Projekt

Im ersten Teil des Projekts, dem konzeptionellen Teil, wird bestehendes Wissen über Partizipation zusammengetragen und systematisiert. Aufbauend auf bestehenden Konzepten und Theorien aus verschiedenen akademischen Bereichen, insbesondere aus der Planungsliteratur und Studien aus der Entwicklungszusammenarbeit, wird ein neues Rahmenkonzept für Partizipation entwickelt. Dabei werden bestehende Theorien synthetisiert, um eine neue und verbesserte Konzeptualisierung des Phänomens vorzunehmen. Das daraus entstehende Rahmenkonzept soll als Instrument in erster Linie dazu dienen, um besser zu verstehen, wie Partizipation in seiner Vielfalt von Formen entsteht, und nicht wie die meisten bisherigen Modelle und Typologien um zu evaluieren, wie Partizipation sein sollte.

Der empirische Teil des Projekts wird in Johannesburg durchgeführt. Die Beteiligung der Öffentlichkeit in der lokalen Raumplanung und –entwicklung war ein Versprechen der ersten demokratischen Regierung Südafrikas. Trotz der Bemühungen, die Zivilgesellschaft in lokale Entwicklungsprozesse miteinzubinden, haben die staatlichen Partizipationsmassnahmen weitgehend nicht das erreicht, was sie erreichen wollten. Dieses Forschungsprojekt leistet einen Beitrag zu der Forschung über partizipative Planung und Entwicklung in Südafrika indem es staatlich gelenkte partizipative Prozesse aus der Perspektive der Bevölkerung untersucht. Das übergeordnete Ziel ist es, die Präferenzen der Menschen in Bezug auf formalisierte partizipative Prozesse in lokalen Infrastruktur- und Wohnprojekten zu untersuchen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf einem besseren Verständnis der Beziehung der Menschen zum lokalen Staat und der Frage, wie diese Beziehung ihr Verständnis und ihre Präferenzen in Hinblick auf staatlich gelenkte Partizipationsprozesse beeinflusst. Um diesen Fragen nachzugehen, folgt das Forschungsprojekt einem sequenziellen Multi-Methoden-Forschungsdesign, das statistische Analysen von Umfragedaten (einschliesslich eines faktoriellen Umfrageexperiments) mit einer Fallstudienanalyse (basierend auf Fokusgruppendiskussionen) kombiniert.

Die beiden Teile dieses Forschungsprojektes tragen zusammen zu einer differenzierteren Diskussion darüber bei, wie sich Partizipation in verschiedenen Kontexten entwickeln kann. Dies kann zu einem besseren Verständnis von Partizipation in Theorie und Praxis führen und damit eine Grundlage schaffen, die hilft zu verstehen, wann, wo und wie das Konzept funktional eingesetzt werden kann oder unter welchen Umständen es auch vermieden werden sollte.

 


Publikationen

Actors, arenas and aims: A conceptual framework for public participation

Katrin Hofer and David Kaufmann
Planning Theory, vol. 22: no. 4, pp. 357-379, Thousand Oaks, CA: SAGE, 2022.
DOI: externe Seite10.1177/14730952221139587

Public support for participation in local development

Katrin Hofer, Michael Wicki and David Kaufmann
World Development, vol. 178, pp. 106569, Elsevier, 2024.
DOI: externe Seite10.1016/j.worlddev.2024.106569


Mitarbeitende

Doctoral Candidate

Katrin Hofer
  • HIL H 29.2
  • +41 44 633 24 02

Raumentwicklung und Stadtpolitik
Stefano-Franscini-Platz 5
8093 Zürich
Schweiz

Katrin Hofer

Supervisor

Prof. Dr. David Kaufmann
Assistenzprofessor am Departement Bau, Umwelt und Geomatik
Stellvertretender Leiter Inst. f. Raum- und Landschaftsentw. / Leiter Netzwerk Stadt u. Landschaft ARCH u BAUG
  • HIL H 29.3
  • +41 44 633 94 84

Raumentwicklung und Stadtpolitik
Stefano-Franscini-Platz 5
8093 Zürich
Schweiz

Prof. Dr.  David Kaufmann
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